Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen

Gewalt gegen Frauen ist eine jahrhundertealte Diskriminierung und Verletzung von Frauen weltweit.

In vergangenen Jahrhunderten waren in Europa oft Klöster die Schutzräume für Frauen. Mitte des 19. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts kämpfte die erste Frauenrechtsbewegung für die grundsätzlichen politischen und bürgerlichen Rechte für Frauen wie Frauenwahlrecht, das Recht auf Erwerbstätigkeit und das Recht auf Bildung.

In den sechziger und siebziger Jahren entstand die neue Frauenbewegung, die sich gegen die Diskriminierung von Frauen wandte und den Nachhofbedarf in Bezug auf die Gleichstellung von Frauen aufzeigte, was allmählich auch staatliche Anerkennung fand, so z. B. bei der UNO, die das Jahr 1975 zum Internationalen Jahr der Frau ernannte. Es bildeten sich autonome Fraueninitiativen und politische Frauengruppen mit unterschiedlichen Zielen. In Frauenzentren entstanden Selbsterfahrungsgruppen, die als Emanzipationsarbeit verstanden wurden, und Angebote zur Frauenbildungsarbeit, um die Partizipationsmöglichkeiten von Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen zu verbessern. Initiativen befassten sich mit der Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, mit Sexismus und sexistischer Werbung, mit patriarchalen Strukturen und ihrer Verankerung in allen gesellschaftlichen Bereichen. In Diskussionsforen zur Bekämpfung von Männergewalt gegen Frauen wurde als erste Maßnahme die Schaffung von Zufluchtshäusern für geschlagene und misshandelte Frauen gefordert: Frauenhäuser.

1971 gründete in London Erin Pizzey ein Frauenzentrum, das sich zum ersten Frauenhaus weltweit entwickelte. Im Internationalen Jahr der Frau fand 1975 in Mexiko-Stadt erstmals eine UN-Weltfrauenkonferenz statt. 1976 wurde in West-Berlin das erste Frauenhaus in Deutschland gegründet. In den Folgejahren entstanden in der Bundesrepublik Deutschland viele Frauenzentren, aus denen Initiativen zur Gründung von Frauenhäusern hervorgingen. 1978 wurde das Reutlinger Frauenhaus eröffnet als erstes Frauenhaus in Baden-Württemberg.

Übereinkommen der Vereinten Nationen

Im Dezember 1979 wurde das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau von der Generalversammlung der Vereinten Nationen (CEDAW - Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women) angenommen. Die Konvention verpflichtet alle Staaten, sich für die Verwirklichung der Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen.

Artikel zu 40 Jahre CEDAW

Seit den 1980er Jahren kämpfen Frauenhäuser und Fraueninitiativen für eine gute Finanzierungsgrundlage für die Frauenhäuser in Deutschland. Bis heute werden die Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen hin- und hergeschoben, was für viele Frauenhäuser immer wieder Existenz-bedrohend ist.

Frauenhäuser müssen noch immer ohne ausreichende Finanzierung viele verschiedene Problemstellungen bewältigen, ohne die dafür notwendigen Wohnverhältnisse bieten zu können und ohne eine ausreichende Berücksichtigung der Notwendigkeit eines für die besonderen Bedarfe entsprechend geschulten Personals im Stellenschlüssel: die besondere Situation von Migrantinnen und Asylbewerberinnen und ihren Kindern, die herausfordernden Hilfebedarfe von gewaltbetroffenen Frauen mit Suchterkrankungen, ebenso von psychisch kranken gewaltbetroffenen Frauen mit besonderem Unterstützungsbedarf, die Umsetzung von Inklusion, d.h. Anerkennung besonderer Hilfebedarfe von Frauen mit körperlichen Einschränkungen und Behinderungen, die statistisch am häufigsten häusliche Gewalt erleben.

Fehlende Kinderbetreuungsplätze und gravierende Wohnungsnot erschweren seit Jahren gewaltbetroffenen Frauen einen Neustart und den Aufbau eines eigenständigen Lebens für sich und ihre Kinder. Grundsätzlich fehlen Präventionsangebote.

Der Verein Frauenhauskoordinierung e. V. setzt sich für einen bundesweiten Rechtsanspruch aller gewaltbetroffenen Frauen und ihrer Kinder auf Schutz und Hilfe ein. Der Rechtsanspruch solle in den bestehenden Sozialgesetzbüchern festgelegt sein. Ein solcher Rechtsanspruch konkretisiere die im Grundgesetz verankerte allgemeine Pflicht des Staates zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit. Der Verein verweist dabei auf Verpflichtungen aus der Istanbul-Konvention und dem CEDAW-Übereinkommen.

Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. hat im September 2022 Empfehlungen erarbeitet, um Frauen und Kinder nach häuslicher Gewalterfahrungen auch im Rahmen des Familien- und Familienverfahrensrechts besser vor weiterer Gewalt zu schützen.

Seit Jahren beschreiben Frauenhäuser Gewaltformen (Stalking, Bedrohung und Beschimpfung der Mutter vor den Kindern, Schubsen und Schlagen, fehlende Rückgabe von Schuhen und Oberbekleidung der Kinder usw.) im Rahmen von Gesprächen bei Jugendämtern aufgrund von Sorgerechtsstreitigkeiten und bei der Ausübung des Umgangsrechts nach Trennung und Scheidung. Sie weisen seit Jahren darauf hin, dass die fehlenden gesetzlichen Regelungen zum Sorge- und Umgangsrecht nach Trennung und Scheidung aufgrund häuslicher Gewalt zu weiteren gewalttätigen Übergriffen, zu Bedrohung und einer Retraumatisierung bei Frauen und Kindern führen können und letztendlich generationen-übergreifende Kreisläufe von Gewalt die Folge sein können, weil bei Jugendämtern und Gerichten der Schutz von Frauen und Kindern noch immer Nachrang hat vor dem Recht des Vaters auf Umgang.

Empfehlungen des Deutschen Vereins für eine Reform des Familien- und Familienverfahrensrechts unter Berücksichtigung von häuslicher Gewalt. Die Empfehlungen (DV 16/21) wurden am 20. September 2022 vom Präsidium des Deutschen Vereins verabschiedet.

Übereinkommen des Europa­rats zur Ver­hütung und Be­kämpfung von Ge­walt gegen Frauen und häus­licher Gewalt

2011 wurde als erstes völker­rechtlich ver­bindliches Instru­ment im euro­päischen Raum eine Konvention zur Bekämpfung von Ge­walt ge­gen Frauen und Mäd­chen und häuslicher Gewalt erarbeitet. Da sie vom Europarat bei einem Treffen 2011 in Istanbul verabschiedet wurde, wird sie „Istan­bul-Kon­vention“ genannt.

Sie ist in Deutschland am 1. Februar 2018 in Kraft getreten und ist auch in vielen anderen europäischen Staaten geltendes Recht. Am 1. Oktober 2023 trat die Konvention in der gesamten Europäischen Union in Kraft. Nach Angaben der EU-Kommission wird die gesamte Union nun verpflichtet sein, die Bestimmungen einzuhalten.

Das Übereinkommen ist das umfassendste internationale Abkommen, das Gewalt gegen Frauen als eine Form von Menschenrechtsverletzung und Diskriminierung sieht und zum Ziel setzt, alle Frauen und Mädchen, unabhängig von Alter, Nationalität und Ethnie, Religion, sozialer Herkunft, sexueller Orientierung oder Aufenthaltsstatus vor Gewalt zu schützen und alle Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt wie körperliche Gewalt, seelische Gewalt, Nachstellung, sexuelle Gewalt einschließlich Vergewaltigung, sexuelle Belästigung, Zwangsheirat, Verstümmelung weiblicher Genitalien, Zwangsabtreibungen und Zwangssterilisierung zu verfolgen und zu sanktionieren.

Die Eckpfeiler des Übereinkommens sind die Bereiche Gewaltprävention, Opferschutz und Strafverfolgung. Gleichzeitig ruft das Übereinkommen jeden einzelnen in der Gesellschaft dazu auf, seine/ihre Einstellung zum Thema Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu überdenken und strebt somit einen Bewusstseinswandel der Bürger, hauptsächlich der Männer und Jungen, an.

Das Übereinkommen fordert die Einbindung aller zuständigen öffentlichen Behörden und Hilfeeinrichtungen, damit Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt mit Hilfe eines integrativen Ansatzes bekämpft werden können.

Bundesweit mangelt es jedoch sowohl an einer ausreichenden Zahl von Plätzen in Frauenhäusern als auch an Kapazitäten in Fachberatungsstellen und an einer den Aufgaben angemessene Finanzierung. Es fehlt an ausreichend im Umgang mit Opfern häuslicher Gewalt qualifiziertem Fachpersonal in allen Behörden, im Gesundheitswesen und in allen Bereichen sozialer Arbeit, um das Gefährdungsrisiko richtig einzuschätzen, die Bedürfnisse und die Sicherheit der Opfer in den Vordergrund zu stellen und um medizinische Hilfe, rechtlichen und psychologischen Beistand für Opfer und ihre Kinder anzubieten.

Info zur Istanbul-Konvention

Grevio Staatenbericht